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Geometrie und Handling: Die 4 wichtigsten Faktoren

Mai 11, 2016
Geometrie und Handling: Die 4 wichtigsten Faktoren

Wäre es nicht einfach genial, wenn man sich die Geometrieübersicht eines Bikes ansehen könnte und sofort sehen würde, ob das Fahrrad zu einem passt? Wie es sich in Kurven verhält, wie direkt es sich steuern lässt, wie agil es sich verhält? Darren Baum von Baum Cycles ist ein Experte, wenn es um die Rahmengeometrie und das Handling von Bikes geht. Er nannte uns vier entscheidende Faktoren, die das Fahrverhalten eines Fahrrads am meisten beeinflussen.

Vorab erstmal eine kurze Begriffsklärung. Unter Handling (Handhabung) verstehen wir die grundlegende Eigenschaft, wie viel Antrieb aktiv nötig ist, damit das Fahrrad eine Richtungsänderung vornimmt. Direktes, schnelles Handling bedeutet also eine hohe Agilität und Sensitivität bei Lenkeinflüssen, während ein stabiles Fahrverhalten eher von trägem Handling geprägt ist.

Handling hat also nichts damit zu tun, wie nachgiebig ein Fahrrad ist oder wie es sich „anfühlt“.

Der Mythos der Gabelvorbiegung

Eines der hartnäckigsten Mythen in der Fahrradwelt ist der Einfluss des sogenannten Vorlaufs (Rake), häufig auch Gabelvorbiegung genannt. Diese beschreibt die Entfernung zwischen der Achse des Vorderrads und der Mitte der Lenkachse. Ein geringerer Vorlauf (bei Rennrädern in der Regel zwischen 40 und 55mm) bedeutet für viele ein schnelleres, direkteres Handling, was aber schlichtweg falsch ist. Die Argumentation, dass beispielsweise Trekkingräder eine hohe Gabelvorbiegung haben und nicht so ein direktes Handling besitzen, ist für Darren nicht nachvollziehbar, da die meisten Tourenräder sich äußerst agil handhaben lassen. Bahnräder bewegen sich hingegen am anderen Ende des Spektrums und haben ein eher träges Fahrverhalten. Es muss also etwas Anderes geben, was das Handling eines Bikes beschreibt.

Die wichtigsten Faktoren für das Handling

  • Trail
  • Tretlagerhöhe / Bottom Bracket Drop
  • Kettenstrebenlänge
  • Vorbaulänge und -position

Geometry handling

Trail (Lenkwinkel x Gabelvorbiegung)

Das Produkt aus Lenkwinkel und Gabelvorbiegung ist der sogenannte Trail. Trail ist im Vergleich zum reinen Vorlauf viel eher dazu geeignet, das Lenkverhalten bei einem Fahrrad darzustellen. Man kann es sich auch als den Kontaktpunkt des Rades in Bezug zur Steuerachse vorstellen. Mehr Trail führt zu einem trägeren Handling, weniger zu einem direkteren, agileren Fahrverhalten. Eine höhere Gabelvorbiegung vermindert den Trail und ermöglicht ein direkteres Fahrverhalten am Vorderrad. Ein hoher Trail ist bei schnelleren Geschwindigkeiten aufgrund der besseren Stabilität von Vorteil, bei niedrigem Tempo wirkt es hingegen schleppend und schwerfällig aus. Der Trail reicht bei Rennrädern in der Regel von 50 bis 63mm. Die genaue Mitte, 57mm, wird von vielen Herstellern und Experten als die beste Kombination aus Stabilität und Agilität betrachtet.

Tretlagerhöhe / Bottom Bracket Drop

Die Tretlagerhöhe kennzeichnet den Abstand des Tretlagers zum Boden, der Bottom Bracket Drop den Abstand zwischen Tretlager und Radachsen. Allgemein gilt, dass je tiefer das Tretlager, desto besser die Laufruhe und die Kontrollierbarkeit des Rads bei hohem Tempo – der niedrigere Schwerpunkt macht das Fahrverhalten stabiler. Ein Nachteil des niedrigeren Tretlagers kann allerdings sein, dass man in Kurven unter Umständen nicht voll in die Pedale treten kann, da es eben zu nahe am Boden liegt. Für Rennen ist es deswegen von Vorteil, wenn das Tretlager etwas höher angebracht ist, um schneller bei vollem Tempo durch die Kurven zu kommen (vor allem bei Bahnrädern oder Cyclocross Bikes). Liegt das Tretlager weiter oben, ist es wiederum aufgrund des direkteren Handlings schwerer, das Bike unter Kontrolle zu bringen – es ist sensibler und reaktionsfreudiger.

Wenn also ein tiefes Tretlager und ein geringer Trail aufeinandertreffen, agiert der Hinterbau etwas träge während man vorne bereits bei den kleinsten Lenkbewegungen die Richtung ändert. Dies führt zu einem ungleichmäßigem Fahrverhalten und zu einem schwer zu kontrollierenden Bike, vor allem bei hohen Geschwindigkeiten. Der Trick liegt darin, die perfekte Balance zwischen den beiden Handling-Faktoren zu finden und das Fahrverhalten vorne wie hinten möglich gleichmäßig und homogen zu gestalten.

Kettenstrebenlänge

Die Länger der Kettenstreben hat ebenfalls einen großen Einfluss auf das Handling. Der Vorteil längerer Kettenstreben sind beispielsweise die verbesserte Traktion bei Kletterpassagen oder schnelleres Kurvenfahren. Kürzere Kettenstreben machen das Bike hingegen steifer und gleichzeitig agiler, da das Hinterrad einen kürzeren Weg zurücklegen muss und der Schwerpunkt mehr auf dem Hinterrad liegt. Da es früher das Material nicht hergab, wurde vermehrt auf kürzere Streben und damit einen steiferen Rahmen gesetzt, um die erhöhte Kraft der Fahrer aushalten zu können. Heute ist es kein Problem mehr, auch längere Kettenstreben mit ausreichend Steifigkeit einsetzen zu können; das höhere Gewicht ist allerdings bis heute noch für viele ein Grund für Bikes mit kürzeren Streben. Darren Baum empfiehlt flexiblen, aggressiven Fahrern eine Kettenstrebenlänge von 412mm, für entspannte Langstrecken-Fahrer ca. 420mm und für große Rider 430mm.

Vorbaulänge und -position

Der Vorbau ist ja eigentlich kein Teil des Rahmens an sich, aber dessen Position ist ebenfalls entscheidend für das Handling des Bikes. Faustregel: Je länger und tiefer der Vorbau, desto mehr Stabilität beim Handling. Natürlich sollte der Vorbau nicht so eingestellt sein, dass man kaum noch ordentlich an den Lenker kommt.

Fazit

Auch wenn uns diese Faktoren schon etwas mehr Aufschluss über die Beziehung zwischen Rahmengeometrie und Bike Handling geben, sind wir immer noch weit davon entfernt, dass Fahrverhalten eines Bikes rein anhand der Zahlen der Geometrieübersicht beurteilen zu können. Das heißt weiterhin: Testen, testen, testen. Und das ist auch gut so. Trotzdem bietet die Analyse der vier Faktoren eine gute Ausgangslage, um herauszufinden, welches Bike das richtige für dich ist.

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